Tag 38 – Trendanalysen
Wer sich die Zahlen zu den gemeldeten täglichen Infektionen ansieht, der wird feststellen, dass es hier teilweise extreme Schwankungen gibt. Das hat viele Gründe und ist für uns als Wissenschaftler:innen nichts Ungewöhnliches. Um aus solchen Daten dennoch Trends ableiten zu können, wurden verschiedenste Verfahren entwickelt. Wir haben jetzt das „Joinpoint Regression“ Verfahren, das häufig in der Onkologie zur Bestimmung von Trends bei Krebserkrankungen verwendet wird, auf die Corona-Zahlen angewendet. Das Besondere an dem Verfahren ist, dass es in den Daten nicht nur Trends erkennt, sondern auch den Zeitpunkt an dem sich ein Trend ändert (der „Joinpoint“).
In der folgenden Grafik sind mit blauen Punkten die täglich gemeldeten Neuinfektionen in Deutschland von Anfang März bis heute (21. April) eingezeichnet, die Linien sind die vom Verfahren ermittelten Trendkurven.
Im Zeitraum 4. März bis zum 26. März kommt es demnach zu einem starken Anstieg von etwa 180 Neuinfektionen auf 6600. In diesem Zeitraum wächst die Zahl der Neuinfektionen täglich um 21%. Am 26. März kommt es zum Trendumschwung und die Zahl der Neuinfektionen sinkt bis zum 21. April auf 2280 Fälle pro Tag. Das ist ein Rückgang von 4% pro Tag, bzw. von 65% seit 26. März. Für Statistiker sei angefügt, dass diese Trends statistisch signifikant sind.
Wie sind die Ergebnisse zu bewerten?
Zunächst kann man erkennen, wie sich der Anstieg der Neuinfektionen weiterentwickelt hätte, wenn man keine geeigneten Maßnahmen ergriffen hätte (Fortsetzung rote Kurve). Hätte der Trend mit 21% plus pro Tag über den 26. März hinaus angehalten, wären die Neuinfektionen binnen weniger Tage auf über 10.000 Fälle pro Tag angestiegen.
Dann kann man aus den Daten einen Zusammenhang zwischen dem Beginn der Maßnahmen zum „Social distancing“ und der Trendwende ableiten. Die Maßnahmen traten im Zeitraum um den 13. März herum in Kraft. Geht man von einer Inkubationszeit von 10-14 Tagen aus und werden durch die Maßnahmen neue Infektionen verhindert, dann müsste es etwa zwei Wochen später zu einer Trendwende, was am 26. März eintritt. Es wurden also vermutlich unmittelbar mit Eintreten der Maßnahmen neue Infektionen vermieden.
Weiter kann man sehen, dass die Zahl der neuen Infektionen um zwei Drittel zurückgegangen ist und die Maßnahmen weiterhin wirken. Es wird aber auch klar, dass es, vorausgesetzt der Trend hält an, noch einige Zeit dauern wird, bis die Neuinfektionen unter die Grenze von 1.000 Fälle pro Tag fallen könnten.
Unklar ist aber, ob der Trend anhält oder ob die Lockerung der Corona Maßnahme wieder zu einem Anstieg führen wird. Das werden wir in etwa zwei Wochen wissen.